Nachhaltiges Design – Verantwortung im Grafikdesign

von | Nov. 17, 2025 | Haltung & Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit im Design – was es für mich bedeutet

Nachhaltigkeit ist ein Wort, das überall auftaucht – in Unternehmen, auf Verpackungen, in Marketingkampagnen. Doch die Bedeutung dahinter ist oft unscharf.
Als Grafikdesignerin beschäftige ich mich seit Jahren mit nachhaltigem Design und der Frage, was das in der Praxis wirklich bedeutet. Grafikdesign ist Teil der Werbung, und damit geht immer Verantwortung einher. Wenn es bewusst gestaltet wird, kann es Kommunikation verändern, Marken ehrlicher machen und helfen, Ressourcen zu schonen. Es kann Menschen erreichen, inspirieren und zum Umdenken bewegen.

Moodboard für ein nachhaltiges Projekt mit echten Materialien

Herausforderungen nachhaltiger Gestaltung

Nachhaltig zu arbeiten klingt gut, ist aber oft eine Herausforderung. In der Realität gibt es immer Kompromisse: zwischen Budget, Zeit und Verantwortung. Nicht jede Lösung ist realisierbar, und nicht jede Kundin oder jeder Kunde ist sofort in der Lage, in umweltfreundlichere Materialien oder Prozesse zu investieren.

Ich möchte keine Illusion verkaufen – ich arbeite nicht zu 100 % nachhaltig. Das ist sehr schwer möglich. Aber ich treffe bewusste Entscheidungen. Ich hinterfrage Abläufe, überdenke Materialien und suche Alternativen. Dabei geht es mir weniger um Perfektion als um bewusstes Handeln und einen ehrlichen Umgang mit dem Thema.

Gerade weil ich selbst noch auf dem Weg bin, stört mich Greenwashing besonders. Wenn Unternehmen beispielsweise mit grünen Logos und Naturbildern werben, aber im Hintergrund Ressourcen verschwenden, die Natur, Tiere oder Menschen ausbeuten, fehlt die Ehrlichkeit.
Ein klassisches Beispiel sind große Erdölkonzerne. Als das Thema wirtschaftlich immer wichtiger wurde, haben viele sehr schnell ihre Brandingfarben umgewandelt. Plötztlich waren Logos und Tankstellen sehr grün. Ein psychologischer Trick – denn ihr Kerngeschäft bleibt das Gegenteil von nachhaltig.

Slow Design – Haltung kann Veränderung gestalten

Wenn ich Marken begleite, denke ich immer darüber nach, wie Design langfristig wirken kann. Nachhaltigkeit bedeutet für mich auch, so zu gestalten, dass das Ergebnis inhaltlich wie visuell Bestand hat. Ich arbeite mit Menschen, die mehr wollen als Wachstum um jeden Preis – die mit ihrer Idee etwas Positives bewegen möchten. Ich gestalte bewusst lieber für sinnvolle Projekte als für Branchen, die dem Gemeinwohl und dem Planeten schaden.

In der Gestaltung orientiere ich mich am Prinzip von Slow Design. Inspiriert von der Slow-Food-Bewegung heißt das für mich: bewusstes Agieren statt Übertreibung – mit einem Sinn für Natürlichkeit. Im Gegensatz zum kurzfristigen Trenddesign würde ich Slow Design auf folgenden Satz zusammenfassen: 

Gutes Design altert nicht,
es reift wie guter Wein.

Ich lebe in einer traumhaften Weinregion, deswegen dieser bildhafte Vergleich. Ein schönes Beispiel ist Saul Bass, einer meiner großen Vorbilder. Er hat Logos geschaffen, die Jahrzehnte überdauert haben – im Schnitt über 30 Jahre (!). Marken wie Kleenex oder die Warner Music Group sind vielen sicher ein Begriff. Das lag nicht am Zufall, sondern an klarem Denken: Reduktion, Funktionalität und Aussagekraft. Strategie ist im Design mitgedacht, Werte auf Basis menschlicher Resonanz eingeflochten.
Genau das möchte ich auch in meine Arbeit bringen. Ich gestalte lieber etwas, das noch in zehn Jahren funktioniert, statt in zwei Jahren komplett überholt zu sein. Zeitlose Gestaltung ist nicht nur ästhetisch nachhaltiger, sie spart auch Ressourcen – weniger Re-designs, weniger Druckkosten, weniger Verpackungsmüll.

Nachhaltige Materialien und Produktion

Gerade bei Printprojekten lässt sich vieles bewusst steuern. Dabei stellen sich Fragen wie: Ist das Papier ökologisch zertifiziert, sind Materialien recycelbar, die Druckfarben möglichst schadstoffarm, und können Verpackungslösungen reduziert werden? Wenn Kund:innen keine vollständig ökologische Lösung finanzieren können, ist das in Ordnung. Dann suchen wir gemeinsam nach Wegen, trotzdem bewusst zu gestalten.
Zum Beispiel schenke ich einem Design auch gerne ein zweites Leben. Für eine Klientin habe ich etwa eine Visitenkarte entworfen, die gleichzeitig als Lesezeichen dient – mit einem mutigen Spruch, passend zu ihrer Tätigkeit als Autorin. So besteht die Chance, dass das Produkt nicht so schnell weggeworfen wird und weil es noch einen anderen Zweck hat. Ein Druck – zwei Funktionen.

Bei Druckereien ist es so: Am liebsten arbeite ich mit regionalen Unternehmen – weil dort oft mehr Herz, Sorgfalt und persönlicher Austausch spürbar sind. Aber auch ich greife manchmal auf große Anbieter zurück, wenn es für ein Projekt sinnvoll oder nötig ist. Nachhaltigkeit bedeutet für mich, ehrlich mit solchen Entscheidungen umzugehen.

Visitenkarte, die auch gleichzeitig als Lesezeichen dient.

Social Media mit Bedacht

Auch Social Media kann nachhaltiger gedacht werden. Für mich bedeutet das, Qualität über Quantität zu stellen. Ich möchte Inhalte teilen, die echten Mehrwert bieten und zeigen, was wirklich hinter einer Marke steckt – nicht durch möglichst viele Beiträge, sondern durch ehrliches Storytelling und Transparenz.
So entsteht Vertrauen, das wachsen darf und langfristig wirkt. Es geht weniger um Reichweite um jeden Preis, sondern um Inhalte, die Sinn stiften und Werte transportieren.
Ich weiß: Algorithmen belohnen oft Quantität. In meinem Artikel „Von Enshittification zu Enough – Digitale Verantwortung im Design“ gehe ich näher auf diese Herausforderung ein.

Nachhaltigkeit im Studioalltag

Nachhaltigkeit beginnt nicht erst im Kundenauftrag, sondern im Alltag. Dafür nutze ich Ökostrom und arbeite mit energieeffizienten Geräten. Wo möglich, setze ich auf gebrauchte, generalüberholte Hardware wie Smartphone oder Laptop. Gedruckt wird nur, wenn es nötig ist; am Ende des Tages schalte ich alle Geräte vollständig aus. Zu Terminen fahre ich bevorzugt mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder halte Meetings online.

Auch bei meiner Webseite habe ich mich für einen klimafreundlichen Webhoster entschieden. Jede Webnutzung verursacht CO₂ – durch Server, Datenübertragung und Darstellung. Es lohnt sich, nach Anbietern zu suchen, die ökologisch agieren. Green Webspace in Wien – mein Partner – nutzt Strom aus erneuerbaren Quellen und unterstützt die Gemeinwohl-Ökonomie.

Meine Website liegt aktuell bei einem Rating von B – sauberer als rund 70 Prozent aller getesteten Seiten (einsehbar über WebsiteCarbon.com). Viele kleine Entscheidungen – von vielen Menschen – können gemeinsam einen realen Unterschied machen.

Inklusive Gestaltung ist sozial

Nachhaltigkeit hat nicht nur eine ökologische, sondern auch eine gesellschaftliche Dimension – dazu gehört Barrierefreiheit.
Gutes Design ist zugänglich, unabhängig von Sehkraft, Alter oder technischer Erfahrung. Das gelingt durch bewusste Entscheidungen: klare Kontraste, reduzierte Formen und nachvollziehbare Strukturen.
Inklusive Gestaltung ist nachhaltige Gestaltung, weil sie niemanden ausschließt. Je mehr Menschen ein Design verstehen und nutzen können, desto langlebiger und wirkungsvoller wird es.

Fazit: Bewusstsein als Haltung

Nachhaltigkeit ist kein Endziel, das man irgendwann erreicht und abhaken kann – sie bleibt ein fortlaufender Prozess und eine Haltung, die jede Designentscheidung prägen darf, ob groß oder klein.
Mein Ziel ist es, Design so zu gestalten, dass es Verantwortung übernimmt und mit Respekt entsteht – für Menschen, Marken und Umwelt. Wenn du die genannten Punkte sinnvoll findest, kannst du dir meine Checkliste „Nachhaltig gestalten – bewusst entscheiden“  holen, wo ich die wichtigsten Punkte dieses Blogs zusammengefasst habe:

Dieses Dokument unterstützt dich dabei, deinen aktuellen Stand in Sachen nachhaltiges Design zu reflektieren. Wo kannst du schon Häkchen setzen und wo darf nachhaltiges Handeln noch wachsen? Welche anderen Ideen fallen dir ein oder welche Schritte sind nötig?

Mit dieser Liste beanspruche ich keine Vollständigkeit. Wie gesagt ist Nachhaltigkeit ein dynamischer Lernprozess, der sich durch Entwicklungen stetig ändert.

Ich bin ständig daran, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen und teile gerne meine  Kenntnisse in diesem Blog. Wenn du Interesse daran hast und am Laufenden bleiben möchtest, melde dich gerne zu meinem Newsletter an. Du musst aber nicht, die Liste bekommst du auch ohne Anmeldung 🙂

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